Gestern Abend hörte ich gerade ins Radio hinein. Es lief SWR1-Der Abend – und es ging ums Thema „Weiterbildung“. Genauer gesagt, was ich zunächst hörte war ein ziemlicher, etwas weniger strukturierter, Rundumschlag zum Thema – Polemik, inwiefern berufliche Weiterbildung überhaupt bringen wrde etc. Zu Gast war zu Beginn der Sendung der Mensch hinter dem Pseudonum Richard Gries, aus dessen Feder das Buch „Die Weiterbildungslüge“ entsprang.
Hier ist die Sendung noch für kurze Zeit als Podcast-Episode erhältlich. Den gesamten Podcast gibt es hier. Moderatorin Stefanie Jacob.
Ok, ich muss gestehen, ich konnte die Sendung gestern nicht unterbrechungsfrei hören. Aber der Anfang wirkte auf mich und in meiner Wahrnehmung durchaus Hintergfragenswert. Methodisch war es ja nicht unbedingt der falsche Weg: Zunächst nennt die Moderatorin die bundesweit statistisch gemittelten Ausgaben, leitet über zum Gast und Gesprächspartner und benennt den Titel des Buches, wodurch den Hörerinnen und Hörern gleichzeitig auch eine kritische Haltung entfaltet werden kann. Jedoch was unter beruflicher Weiterbildung verstanden wird, bleibt die Moderatorin und auch der Autor schuldig. Hieraus könnte der Eindruck resultieren, der dann auch durch Zuhörer eingebracht wird: „Etwas immer nur schlecht zu machen“.
Gleichwohl – irgendwie schrieb ich mir auf meine heutige Liste noch einmal diesen Beitrag hören zu wollen, denn der Beginn hinterließ bei mir dieses ungute Gefühl. Verstärkt war dieses Gefühl auch noch durch die schwierigen Zufalls-Vox-Pops einer süddeutschen Stadt, in der Passanten (zu welcher Tageszeit auch immer) hinsichtlich ihrer beruflichen Weiterbildung befragt wurden.
Was mich durchs Sendung-Podcast-Nach-hören versöhnt hat: Die in die Sendung eingestreuten Zuschauerreaktionen mit klasse bildungsbiographischem Potential. Dem Jacob’schen „Hut-Ab“ kann man sich hier nur anschließen und der durchaus weitere Teil, in dem die Bedeutung der inneren Disposition sich weiter zu bilden, wie auch die modernisierten Potentiale von Institutionen wie Volkshochschule zum Vorschein kamen.
Trotzdem kam mir ein ganz anderes Werk in den Sinn, dessen Lektüre in diesem Zusammenhang wirklich aufschlussreich erscheint: Der ungleiche Kampf um das lebenslange Lernen (Baethge / Baethge-Kinsky 2004). Hier die Zusammenfassung und Verweise auf Rezensionen bei Jochen Robes. Was mir in dieser Studie imponierte: Ein differenzierter Blick auf ermittelte Weiterbildungsbedarfe, Klassifizierungshilfen durch Kennzeichnung von zwei Epochen: Fordismus und Postfordismus und der hieraus resultierenden veränderten Anforderungen an Weiterbildung, ein vielschichtiges und komplexes Forschungs-Design, durch das weniger die Antwort in den Mund gelegt wird, Weiterbildung bringe nichts, sondern differenziertere Gründe aufzuweisen hat.
Mit Verlaub: Ist es hier nur eine Frage der wissenschaftlichen Disziplin, dass es widerstrebt kopfnickend in den Kanon einzustimmen? Muss nicht darauf verwiesen werden, bevor die Antwort bejaht oder verneint werden kann bedarf es der Klärung von Kontext und Bedingungen? Wann und unter welchen Bedingungen erleben Menschen einen nur unzureichenden Erfolg von Weiterbildungsmaßnahmen? – Erst anschließend wäre hinreichend die Frage zu beantworten: Welche Faktoren bewegen Menschen zu einem solchen Urteil und wie kann hierauf folgerichtig gewinnbringend Einfluss genommen werden?
Soweit mein gestriges Radioerlebnis. Bis denne und in dem Sinn einen erfolgreichen Weiterbildungstag!
Andreas