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Web 2.0 und Reflexionen ueber die vielfältigen Moeglichkeiten mit Fehlern umzugehen

An dieser Stelle einmal einige Gedanken und Reflexionen zu einem sich immer wieder erneuernden Diskurs.

Auf einem Konzeptpapier standen zunächst andere Überschriften, etwa: „Wie sichere ich die Qualität beim Einsatz von Web 2.0 bei Schülerinnen und Schülerarbeiten“; „Wie geht man mit Fehlern um?“; „‚Lob des Fehlers‘ oder die Notwendigkeit diese Zuzulassen – eine Kampfschrift gegen kommunikationshinderliche Zensur?!“ etc. …

Übrig geblieben ist ein moderater Titel zu einer Problematik, die immer wieder diskutiert wird und bei der in vielfältiger Weise Positionen und Haltungen eingenommen werden. 

Anlass jetzt etwas zu tippen war ein kleiner „Round-Up“ einer Expertenrunde, die sich gerade intensiv mit einem Dossier zum Thema Web2.0 und Schule auseinandersetzt. Ziele sind handreichende Materialien für Lehrerinnen und Lehrer.

Vorweg nun die Anmerkung: Wie eigentlich immer soll dieses Blog viel eher zum Diskurs anregen, als Lösungen bieten. Von daher ist das Folgende eher eine Darlegung von Gedankengängen und weniger eine Postulation von Ergebnissen.

Als Ergebnis scheint mir lediglich festzustehen, dass die Meinungen über den Umgang mit Lernenden-Ergebnissen sehr unterschiedlich gehandhabt werden, was, hier ausdrücklich betont, durchaus seine Berechtigung hat.

Doch von was hängen diese Handhabungen zwischen „Zensur“ und „Laissez faire“ ab Wie kann man die Gründe dahinter erfassen?

Zusammenhang zwischen Anspruch und Umgang?
Eine Vermutung könnte dahingehend geäußert werden, dass hier ein Zusammenhang zwischen der Absicht, dass SuS oder StuSt zum Beispiel bloggen, podcasten, wiki(en?) und dem Umgang mit Fehlern besteht.
Es wäre sicherlich reizvoll eine Vielzahl von bloggenden Pädagogen und SuS (Schülerinnen und Schüler), bzw. StuSt (Studentinnen und Studenten) diesbezüglich zu ihren Beweggründen, Erfahrungen oder auch Praxis zu befragen.
Es könnte sein, dass sich ein Anspruchsspektrum zwischen Prozessdarstellung und Ergebnispräsentation bietet. Bleibe man bei diesen Polen eines Anspruchsraumes und überlegt, wie sich eine Haltung zur Fehlertoleranz abbilden könne, dann könnte es sein, dass in der Prozessauffassung eine höhere Fehlertoleranz abbildet in der Ergebnispräsentation eher eine geringere.
Dass das nun nicht immer zwingend der Fall sein muss, sei einmal dahingestellt. Sicherlich können Ergebnisse können vorläufigen Charakter haben, zu Zwischenergebnissen charakterisiert werden, und von daher auch prozessdienlich wirken.
Doch zu einer grundsätzlichen Darstellung eignen sich jedoch vorerst die Pole in extrema.

Einmal in die Rolle des Lehrenden hineinversetzt, könnte man ja sich der Frage stellen: Was erwarten sie, wenn SuS oder StuSt ein Ergebnis in Form eines Blog-Post zu präsentieren?
Zuerst würde ich von den SuS und StuSt natürlich gründliche vertiefende Lernprozesse im Vorfeld, vertiefende Lektüre zur Materie etc. Reduktion des Erarbeiteten hin zu einer adäquaten, sachlich-fachlichen und methodisch richtigen Darstellung desselben und last, but not least formale und inhaltliche Richtigkeit erwarten.
Im Anschluss an die Präsentation könnte ich natürlich auch Rezeption des Ergebnisses und neben der Wahrnehmung durch die Gruppe selbst (oder gar durch Außenstehende) noch Partizipation und Diskurs.

Man könnte sich nun auch überlegen, wie sich das Selbstverständnis des Lehrenden in einem solchen Szenario niederschlägt.
Natürlich könnte man meinen, ein Lehrender sei innerhalb eines solchen Kontextes Mentor oder gar Tutor bis hin zum Ergebnis, sicherlich ist er jedoch Gutachter dieses Ergebnisses.

Einen solchen Gedankengang auf die soeben erwähnte Prozessauffassung zu übertragen hieße erst zu klären: Ist das ein Kontrapunkt? Ja und Nein.
Sicherlich würde ich als Lehrender in der Betreuung von Prozessdarstellung eine Sicherheit in der Einarbeitung in die Materie von den SuS oder StuSt erwarten. Doch neben formaler Sicherheit wäre es nicht das alleinige Ziel die fachliche Sicherheit darzustellen oder zu präsentieren. Vielmehr träte anstelle der erwarteten perfekten Darstellung eines Sach- und Fachverhaltes eher die Publikation von Gedankengängen und Zwischenergebnissen.
Auf einer abstrakten Ebene würde ich Lehrenden unterstellen, sie könnten anstatt des Ergebnisses auch die Entwicklung von einem Anfangspunkt oder Vorhaben hin zu einem Prozessergebnis- Prozessabschluss erweitern. Neben der „Entlastung“ sich erst äußern zu dürfen, wenn alles „korrekt“ und „perfekt“ ist wird bei einer solchen Haltung beim Einsatz von Web 2.0 Technologien, durchaus auch viel vorausgesetzt.
Einerseits geht hiermit einher, dass SuS, StuSt ihre Hypothesen, Denkansätze, Fragen / Impulse, Implikationen … als solche kennzeichnen und artikulieren lernen. Anstelle eines „Das ist so!“, tritt vielleicht ein „Das kann man so sehen!“ oder ein „ich sehe das …“. Andererseits bedingt ein solches Prozess-Denken auch ein „Warten“ auf Rückmeldung bzw. auch der konstruktive Umgang mit ebensolcher.

Auch hier ist eine Überlegung wert, welcher Rolle sich Lehrende nahe fühlen könnten?
Neben dem Oben gesagten hätte er zusätzlich die Möglichkeit die Prozessentwicklung zu analysieren und in der Bewertung hinzuzuziehen. Aus diesem Grund heraus käme neben der alleinigen Darstellung der fachlichen „Ergebniserwartung“ auch noch die „Prozesserwartung, und impliziere Anforderungen, wie: Regelmäßigkeit, Gesprächs- und Diskurs-Bereitschaft, Gesprächs- und Dialogdisziplin etc.
Um so wichtiger ist die Entwicklung einer Kultur der transparenten Prozessbeschreibung.

Wie können sich beide dargelegten Auffassungen im Umgang mit der Qualitätsproblematik/ Fehlern auswirken?

Aus dem eben vorgestellten wird mir eines ersichtlich: Die Umorientierung des Zieles weg von einer Ergebnispräsentation hin zur Prozessbeschreibung bedeutet eine Verschiebung des Anspruches – jedoch keinesfalls eine Senkung aus qualitativem Blickwinkel.
Hinter dem einleitend formulierten „Toleranzedikt“ verbirgt sich bei vorbereiteter ‚Lehr- und Lernkultur ‚ vielmehr das Potential eines kreativen Umgangs mit Prozessschritten. Mithilfe methodischer Werkzeuge, wie „Das In Frage stellen“, oder anderen Sichtweisen, oder dialektischen Perspektiven könnten Prozesse initiiert werden, die direkten Erkenntniszugewinn zur Folge haben, und unmittelbar in das nächste Prozessgeschehen einwirken.
Einmal eine entsprechende Publizität vorausgesetzt ist es bei Web2.0 Bordmitteln durchaus auch möglich, dass diese Rolle von anderen Teilnehmern vollzogen werden, innerhalb und außerhalb des institutionellen Rahmens.

Wo würde man Toleranzgrenzen vermuten?

Natürlich stoßen solche Grundsatzüberlegungen immer wieder an ihre Grenzen und provozieren Gegenszenerien. Solche Grenzen sollte meiner Meinung nach jeder selbst setzen und formulieren.

Meine Intervention, im Sinne prae- oder postpublikativem Eingreifens (oder eben Zensur!)
würde erfolgen, wenn durch die Publikation:
– Schaden an der veröffentlichenden Person selbst,
– der Verantwortung tragenden Person
– der Institution
absehbar ist und / oder
Grenzen des sittlichen/moralischen Anstandes überschritten würden.

Was meint Ihr?
Bis denne
Andreas Auwärter

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