Zu allererst einmal der Hinweis, dass Mandy Schiefner in education and media wirklich fleissig und hervorragend über die Online-Educa berichtet hat und – zumindest mir ist es anliegen Ihr hierzu auch Danke zu sagen. Man hat natürlich den Eindruck etwas verpasst zu haben. Aber man weiss ja auch um die Kostenstelle und für einen auch engagierten Studierenden sind 250 € nun wirklich über der Grenze des stemmbaren. Um so wichtiger ist es diese Quellen zu haben, um wenigestens so auch inhaltlich informiert worden zu sein. (Eine nicht so ernst gemeinte Spontanidee: wie wäre es wenn wir einen Fond einrichten und Mandy einfach auf Konferenzen in der Welt schicken 😉 )
OK aber nun einmal zum Anlass dieses Postings, der mir nicht minder wichtig ist: In ihrem Bericht berichtet sie über eine geführte Diskussion mit einem sehr interessanten Punkt.
education & media :
In der Diskussion kam die Frage auf: Wie wird die Qualitätssicherung der Podcasts gemacht? Dabei vertrauen sie vor allem auf die Selbstregulation der Studierenden. Dies ist aber eine wichtige Frage, wie ich in einem früheren Post schon einmal dargestellt habe. Meines Erachtes gibt es immer noch keine richtige Lösung, wie man vorgehen kann, wenn Studierende oder Novizen Podcasts produzieren.
Und diesen Punkt gilt mir etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich mag sie jetzt auch nicht ins lächerliche ziehen, denn auch an anderen Stellen wird immer wieder auf solche Fragen Bezug genommen, wenn es zum Beispiel um Blogs etc. geht.
In diesem Kontext kam mir vor Kurzem eine der hervorragenden Diskussionen von David Warlick auf die Ohren, die hierbei gute Anhaltspunkte bietet und die ich gerne kurz anreissen würde: In dieser Episode fragte eine der Teilnehmerinnen ähnlich: Wie soll ich pädagogisch gut begründet reagieren, wenn von der Sprachwahl Schülerinnen und Schüler eher im Messenger-Style ihre Inhalte formulieren. Dahinter verborgen war auch die Frage: Soll ich auf korrekt und gut geäußerte, auch schriftsprachlich ausgefeilte Einträge achten – und behalte mir daher eine Korrekturinstanz vor?
Die Antwort und die sich anschließenden Diskussionen waren atemberaubend.
So nahm Warlick auf der Qualitätsschiene zuerst einmal den Wind aus den Segeln, dass es in der Entwicklung einer konventionalisierten Sprachform der Messenger-Speech ja eher um eine gesellschaftliche, wenn nicht gar globale Leistung handele, die man in ihrer Ausprägung nicht hoch genug achten kann. Und er führte ein Gedankenspiel an, wie man denn aus Sicht der „alten“ Wissenschaft gegangen wäre. So brachte er es auf den Punkt, indem er darauf verwies, sicherlich hätte man eine qualitativ hochdotierte und ausgewählte Fachkommission besetzt, die dann nach 10-jähriger Arbeit mit irgendeinem Ergebnis herausgekommen wären, wenn es dann das Produkt noch gäbe, wäre sie auch sicherlich zur Anwendung gekommen. Und so – auf die andere Art hat sich auch etwas entwickelt, jedoch innerhalb von 2 Jahren durchgesetzt und ist mittlerweile allgemein akzeptiert.
Soweit das Beispiel -wohlgemerkt aus den Staaten und nicht von Rechtschreibkommissionen. Dies löst jedoch nicht das Problem und deswegen bin ich über diese Diskussion so froh, denn natürlich bleibt auch in dem Fall des Blogging die Frage offen, wie verhalte ich mich richtig, wie und wann interveniere ich und welche Maßnahmen kann ich und muss ich ergreifen. Und hierauf gab es die zweite Antwortwelle:
Dies ist nämlich abhängig von der Intention, die man mit solchen Maßnahmen verbindet. Dabei Spielen selbstgesteckte Standards und Konventionen innerhalb einer Gruppe sehr wohl eine Rolle. Und es wird sich, so seine These, im Style äußern, ob man mit einem Blog/Wiki/Podcast eher in Richtung Kommunikation tendiert, oder ihn eher als eine Form der Ergebnispräsentation.
(Er formulierte es noch viel schöner, indem er sagte, dass man überlegen solle, ob man die Schülerinnen und Schüler eher ihre Hausaufgaben und Gruppenergebnisse vorstellen ließe oder sie Bestandteil einer – zunehmend flacher werdenden und miteinander im Dialog befindlichen Welt interessierter Gleichgesinnter – teilhaben lassen möchte.) Doch abseits des Missionseifers von Dave ist mir hierbei deutlich geworden, wie stark die Frage der Qualitätssicherung verbunden ist mit dem eigenen Anspruch, den ich beim Design einer Maßnahme habe. Und den gilt es auch transparent zu gestalten.
Kommen wir unter dieser Fragestellung und nach dieser Vorbemerkung auf den Medienkomplex Podcast zu sprechen und deklinieren einige Ansprüche daran durch.
Warum ich ganz ganz bewusst Medienkomplex Podcast verwende wird sich im Laufe der Argumentation noch verdeutlichen.
Nur so viel: Für mich ist es die einzige Formulierung, die Sequenzialität und Diversität der Handlungen zulässt.
Anspruch eins: Gar kein Anspruch!
Es mag zwar trivial klingen, doch wer besagt denn, dass sich in Podcasts immer gesicherte Qualität befinden muss? Insofern kann man sich natürlich von dem, was an Qualität aufzufinden ist positiv überraschen lassen. Argumentaiv begibt man sich hierbei auf die gleiche Ebene, wie etwa: „Wer korrigiert die Straßengespräche oder zwischenmenschlichen Dialog?“ Auch hier bleibt vieles im Small-Talk, doch es gibt auch vieles an nachhaltigen Kamingesprächen, die tiefsinnig und zeitaufwändig zu ganz überraschenden Erlebnissen und Erkenntnissen führen mögen.
Anspruch zwei: Public User Oriented!
Damit meine ich den Punkt, hinter dem sich User Generated Content erfassen lässt.
Auch das kann in der Blogsphäre, oder unter Podcasts nachvollzogen werden. Man begreift – meist selbst auch explizit zugeschrieben – das was geäußert ist ausdrücklichals mitteilungswürdig, doch nicht der Weisheit letzter Schluss. Ginge man jetzt aus der Perspektive der Wissens-weitergabe (um Wissensvermittlung zu vermeiden) an diese Inhalte dran, so hieße das: Unreines Denken erlaubt, wünschenswert wäre es eher zu kennzeichnen. Hiebei erhofft man sich kalkulativ natürlich Korrektive und Impulse aus der Masse der anderen „interessierten“.
Was sich dann ereignet kann bald durch meine Arbeit belegt werden, nämlich inwieweit sich trotz der erschwerten Bedingungen, die ein Podcast bietet, Diskurse ereignen, die korrigierende, fördernde, bestätigende etc. Wirkung haben. Das KANN selbstregulierend durch die Studierenden funktionieren. David Warlick verwies auch darauf, dass Schülerinnen und Schüler sehr viel kritischer sind, wenn sie wissen und erfahren haben, dass es Draußen wargenommen wird und wenn man ihnen (zum Beispiel durch Statistiken zeigen kann, wer alles Partizipiert.
Dies bei Podcasts zu verorten ist jedoch um ein vielfaches schwieriger als bei Blogs, da zwischen Bereitstellung des Materiales und Wahrnehmung des Partizipationsangebotes ein Medienbruch besteht.
Von daher ist genau festzuhalten, was sich hinter dem eigenen Podcastbegriff verbirgt. Wenn ich nur die Ton / Bild-Tondokumente in solches aufnehme habe ich eine andere Wahl getroffen, als Alles – das Webbed, die Kommentarfunktionalität, die Meta-Beschreibungen und die Tonokumente UND die Sequenzen der Tondokumente in den Blick nehme. Und um diesen allen gerecht zu werden wähle ich für mich den Begriff des Medienkomplexes.
Anspruch drei: Der perfekte Präsentations-Podcast
Allein aus dem sinne des Presserechtes bin ich als derjenige, der hinter der Webseite eines Podcasts zeichnet verpflichtet auf die Inhalte bezug zu nehmen, wenn etwas widerrechtlich ist. Das hieße, würde in einem meiner Podcasts Urheberrechte verletzt, dann müsste ich restriktiv einschreiten. Das Gleiche gilt für Inhalte. (ein Beispiel hiefür hat es ja in der Vergangenheit bei uns gegeben). Auch hier gibt es ein vielfältiges Repertoir. (Vom Ignorieren bis zur Distanzierung oder der Restriktion).
Fazit:
Meine Erfahrung zeigt, dass es nur den sinnvollen Weg gibt, ihnen mitzuteilen, innerhalb welchen Rahmens und aus welchen Erfahrungen herausund nach bestem Wissen und Gewissen Ihre „Lern-Produkte“ vertont abgeben. Fehler zuzulassen heisst hierbei sie nicht in offenes Messer laufen zu lassen, sondern ihnen den Rahmen wichtiger und wertvoller Lernerfahrungen zu schaffen. Was jedoch impliziert: Es muss Menschen geben, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen und man muss den abgegebenen Inhalt auch nach „Abgabe“ betreuen.
So, ich hoffe, dass diese Zeilen jetzt zu dem führen, was mein sehr geschätzter Professor der Ethik Prof. Dr. Dr. Altner einmal als das Lob des Wissenschafters geäußert hat:
Gemischte Zustimmung. Nicht nur Kopfnicken und auch nicht nur Kopfschütteln.
Soweit für Heute
Bis denne
Andreas
Technorati Tags: Blogsphäre, E-Learning, E-Learning_2.0, Podcastsphäre, social software in academics, SocialSoftware, Web_2.0
Lieber Andreas
Dein Schlussstatement trifft auch auf meinen Kommentar zu: «Gemischte Zustimmung. Nicht nur Kopfnicken und auch nicht nur Kopfschütteln.»
Die Möglichkeit des «Gar kein Anspruch» teile ich nicht, denn ein Podcast ist für mich mehr als ein «Strassengespräch oder zwischenmenschlicher Dialog», da ich hier wirklich Medien produziere, die statisch sind und ja doch in irgendeiner Weise zur Weitergabe bestimmt sind, d.h. die sich nicht verflüchtigen wie ein Gespräch oder Dialog.
Gerade im Bildungsbereich scheint es mir wichtig, Podcasts nicht «nur» als Gespräch anzusehen. Von daher präferiereich deinen zweiten Ansatz: «Public User Oriented!» Es ist m.E. die Übertragung der «klassischen» Medienkompetenz auch auf die Produktion von Podcasts übertragbar. Denn Zuhörer von akademischen Podcasts (eigentlich alle anderen auch 😉 ) sollten in der Lage sein, sich kritisch mit dem Inhalt und dem Stil auseinander zu setzen. Und das Angeben von «thougths in process» sei es über Podcasts oder Blogs finde ich wirklich eine gute Idee. Es muss nicht immer der durchgestylte (abgelesene) Podcast sein.
Dennoch sollte man früh mit den Studierenden und Dozierenden über genau diese Qualitätsaspekte reden und ein gemeinsames Commitment suchen.
Von daher kann ich dein Fazit nur unterstreichen! Auch die Fehlerkultur an Universitäten und Schulen muss sich ändern, Fehler gehören zum Lernprozess. Wichtig scheint mir die Reflexion und der Diskurs über Fehler, der am Anfang durchaus schmerzhaft sein kann.
Liebe Grüsse
Mandy
Hallo Mandy, jetzt finde ich auch etwas Zeit Deinen Kommentar zu kommentieren.
Natürlich ist die Formulierung „Gar keinen Anspruch“ provokant und letztenendes auch nur ein Pol eines Dimensionsraumes, der sich ein logisch ergeben könnte – nicht zwangsläufig muß. Aber – der ausdrückliche Einbezug dieses ermöglicht dann auch letztenendes Beobachtungen als „nicht selbstverständlich“ wahrzunehmen. Damit meine ich, dass man es auch einfach als Geschenk verstehen kann, wenn Studierende aus explorativer Intention heraus sich mit dem Podcasting anwärmen und letztenendes sich mit ihm identifizieren, ihn zu eigen machen, nicht nur die leider noch vorherrschende Bedieungs- und Anspruchsmentalität – „Man fülle mich mit Wissen“ ersetzen durch eigene und ernst gemeinte Kreativität und ihr verarbeitetes Wissen. Wäre man an dieser stelle schon zu stark Ergebnisorientiert, würde man das empfundene Staunen zu schnell üerdecken, die Gefahr bestünde zu schnell zur nächsten Tagesordnung überzugehen. Wurde jetzt deutlich, was ich damit sagen will?
Und auch genau dieser Punkt passt in Baakes Medienkompetenz-Konzept.
Das brachte eine hervorragende Diskussion mit unserem hausinternen Medienexperten, der uns Baakes Verständnis von MedienKunde innerhalb mehrerer von Baake geäußerter Beispiele näher brachte. Wenn es zur Entwicklung von Medienkompetenz gehört zur Medienkunde anzuhalten, dann gibt eben diese Assimilation eines Podcasts als das „eigene Werkzeug“ einen wichtigen und gerade eben nicht zu unterschätzenden Ansatz.
„Gar kein Anspruch“ bedeutet jedoch nicht keine Commitments zu haben. Es bedeutet eher prozessorientierte Blicke zu eröffnen. In jede neue Podcastsitzung (anfang des Semesters) bringe ich den Satz: Podcasting ist Abschied vom Perfektionismus- sondern beginn eines Prozesses. Und – so bekam ich von meinen Kommillitonen zurück – das macht es neben den ‚normalen Veranstaltungen‘ auch erst möglich sich die Zeit zu nehmen und einfach einmal loszulegen. Natürlich war der Satz ursprünglich gewünscht auf die Gefahr zu viel und zu lange an Audio-Einstellungen herumzutüfteln und darüber zu vergessen, dass die nächste Episode erst einmal online sein muss und ein „Bruch“ im Dialog schlimmer ist als ein leichtes Knacken im Hintergrund. aber auch auf inhaltlicher Ebene nahm dies den Druck von den Schultern und eröffnete die Perspektive zur kreativen Verarbeitung und Vermittlung – der eigentlichen ARBEIT, die hinter dem Podcasten steht.
Nundenn – es ist immer wichtig im Dialog zu stehen. und gerade der medienkomplex Podcast ist schier nicht in drei Sätzen zu erklären. Aber das sagte ich ja schon.
Bis denne
Andreas