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Das Internet ist bewohnbar geworden — FAZ titelt in der Feulleton unter drei Titeln einen Artikel über Web 2.0

Unter dem Titel „Mein Schwager kennt sich da aus“ zeichnet Andreas Rosenfelder einen in meinen Augen nicht unkritischen Streifzug durch unsere Welt des Web 2.0. Angekündigt ist der Artikel auf der Titelseite als „Das netz ist klein“ und dem Untertitel: „Kennste einen, kennste alle“

Web 2.0: Das Internet ist bewohnbar geworden – FAZ.NET – Feuilleton

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Geht es also im Web 2.0 wirklich um sagenhafte Kollektivintelligenzen und um ein beispielloses ‚Empowerment der Massen“, wie halbvergessene Kommunikationsforscher wie Norbert Bolz plötzlich wieder einwerfen? Oder geht es, wie immer in der jüngeren Mediengeschichte, um eine ganz natürliche Mischung aus Zeittotschlagen und Faszination? (Faz Donnerstag 10. August 2006, Nr. 184 Seite 33.)

Das ist in meinen Augen eine nicht triviale Frage. Die wird sich eventuell historisch beantworten lassen.

„Wenn Lehrer sich jetzt in der Blogosphäre und nicht nur im Lehrerzimmer über ihre Klassenfahrten ausbreiten und gleich noch die Google-Earth-Koordinaten der Jugendherberge verlinken können, wenn jeder Witzbold seine tagesaktuelle Nachrichtenparodie zum Nahostkonflikt als Video ins Netz stellen kann, wenn also das unplanbare Leben das Internet revolutioniert – dann bietet das keinen Anlaß, ein weiteres Mal die völlige Revolutionierung des Lebens durch das Internet zu erwarten. Man muß sich nur ein wenig durch die Privatblogs mit ihren Geburtstagstortenfotos und Berichten über den neugekauften VW Eos klicken, um festzustellen, daß sich das Leben kaum verändert hat. Auf die aufnahmefähigen Plattformen des Web 2.0 kann man all den Alltagskrams mitnehmen, der früher in der Schublade oder auf der Festplatte verschimmelte.“

Und auch hier gibt es zwei logische Denkweisen. Entweder es wäre gut gewesen, es wäre in der Schublade geblieben, oder man hat auf einmal Menschen, die den Schubladnschimmel teilen. Und bitte: Lehrerschelte zahlt sich rein rechnerisch immer aus. Aber ich halte das für ziemlich ödig – langweilig. Fällt einem da nichts besseres ein?

„Neu ist allerdings das Universum der grauen Texte, die im halböffentlichen Raum wuchern und uns längst wie eine zweite Atmosphäre umhüllen. Es sind flüchtige Notizen, welche den Blog als Leitgattung des dynamischen Web 2.0 beseelen – oft mit Verweis auf eine brandaktuelle Nachrichtenquelle irgendwo in der Informationslandschaft und, falls ein Nerv getroffen wurde, mit Kommentaren als üppigen Ornamenten. Man braucht keine angestaubten Hypertext-Utopien mehr und auch nicht den eingemotteten Cybernauten-Anzug, um sich in dieser Parallelwelt zu bewegen. Das Internet ist bewohnbar geworden. “

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Mein Fazit: Auch wenn ich immer wieder Schwierigkeiten habe mit der verfassten Polemik: Ich halte diesen Artikel für Auseinandersetzenswert. Ich finde den Aufreisser dieses Artikels als ziemlich unglücklich gewählt, schließlich vermittelt er trotz explizitem Hinweis, dass das Web 2.0 nicht eine Plattform für Selbstmörder sei allein durch die drei Kollumnen, die zum Erzählen dieser Geschichte Platz eingeräumt wurde, eben diesen Eindruck. Ebenso zeigen die oben zitierten und in meinen Augen ziemlich an den Haaren herbeigezogenen Verortungen, dass sie nur ein Ziel hatten, die Angelegenheit ins Lächerliche zu ziehen, zu banalisieren oder ad absurdum zu führen. Wo bleiben die „Erfolgreichen Geschichten – auch aus dem Schulkontext?“ Wo jene, die mehr Sinn und Gestalt geben? Passten sie nicht in die beabsichtigte Polemik, oder waren sie nicht schnell auf der Hand?

Einmal eine Gegengeschichte zu entwerfen wäre ja ebenso möglich. Wer hat denn nicht schon einmal bei einem Produkt, welches in der Anschaffung einen Gedanken „Ob, oder ob nicht“ und „wenn, dann welches“ etwas Zeit im Internet verplempert, um einen schnellen Blick zu riskieren, ob nicht jemand schon einemal ziemlich schlechte Erfahrungen mit dem Produkt gemacht hat. Mich hat es in meiner Kaufentscheidung schon mehrfach beeinflusst und in den seltensten Fällen zu Gunsten des Produktes.“ Das ist glaube ich ein Exemplel aus dem Alltag von Web 2.0. Aber, und da bitte ich ein wenig ernsthaftes Gesicht zu machen: Herr Rosenfelder unterstellt Oberflächlichkeit und eigentlich Desinteresse, oder die Schilderung von Banalem. Andere warnen davor, da es nicht durch redaktionellen Filter gegangen sei. Doch – und ich bin mir sicher, dass das nicht allein meine Auffassung ist – ich bin mir durchaus bewusst, dass ich bei Privaten Meinungen stöbere und kann sie als solche durchaus einschätzen. Und ich kann sie als solche schätzen, teilen und ihnen widersprechen.

Das lasse ich mir nicht nehmen – und um bei dem „online – titel“ zu bleiben: Ich bin eingezogen und zwar längst. Die Einrichtung ist auch so, wie sie mir gefällt, und meine Freunde kann ich mir aussuchen. :-) Manchesmal kommt ungebetener Besuch vorbei – doch der lässt sich dank Filtermechanismen auch in den Griff kriegen.

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