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Social Software und E-Learning – Peter Baumgartner in Computer + Personal – Eine kritische Auseinandersetzung mit einer kritischen Auseinandersetzung

Jochen Robes hat mich neugierig gemacht, indem er über diesen Artikel von Peter Baumgartner schrieb er stelle sich der Frage: Was ist Social Software?

„… aber die kurze Antwort passt: „Anwendungen …, die – zum Unterschied von Programmen, die Daten miteinander verknüpfen – Personen zueinander in Beziehung setzen.“

und beschreibe diese kurz und prägnant mit:

„Menschen treffen sich zuerst um etwas zu tun (Internetadressen ablegen, Fotos auf einen Server laden) und lernen erst dann – sozusagen in der Ausübung ihrer Tätigkeit – mit Hilfe der Software, die ihren Arbeitsprozess unterstützt, Personen mit gleich gelagerten Interessen kennen.“

und somit bin ich ihm aber auch Peter Baumgartner dankbar, denn der Artikel eignet sich hervorragend, um sich an ihm zu reiben. Zuerst die Literaturdaten dieses Dokumentes und im Anschluss eine erste kritische Auseinandersetzung mit dieser kritischen Auseinandersetzung.

Web 2.0: Social Software & E-Learning

Gedankensplitter
:
Web 2.0: Social Software & E-Learning

Baumgartner, P. (2006). „Social Software & E-Learning.“ In Computer + Personal (CoPers), Schwerpunktheft: E-Learning und Social Software. 14.Jg. (8): 20-22 und 34. — In diesem Beitrag beschreibe ich einige Eigenschaften des Web 2.0 aus didaktischer Perspektive. Danach versuche ich Überlegungen anzustellen, wie Social Software in der universitären Lehre eingesetzt werden kann.

Ich möchte beginnen mit einem Zusammenfassenden Punkt:
1. Richtig ist, dass es einer exakten Standortbestimmung bedarf. Nicht nur die Definitionen von Social Software, oder dem, was man sich unter Web 2.0 oder Podcasting vorzustellen hat bedürfen präziser und wohl überlegter Annäherungen. Mir wird gerade in dieser Thematik bewusst, wie wichtig Begriffsklärungen und potentielle Verständnisalternativen sind.

„In diesem Beitrag möchte ich nicht noch ein weiteres Loblied … singen, sondern vielmehr kritische Fragen stellen: Worin besteht dieses Potential aus pädagogischer Sicht?“

Dies ist die Masterfrage seines Artikels, nennt er doch zum Gegenstand:

„Können wir diese Chancen und Hoffnungen, die mit Social Software verbunden sind in unseren Bildungsinstitutionen auch praktisch umsetzen?“

2. Social Software sind Anwendungen, die

„Personen zueinander in Beziehung setzen. Und zwar in einer ganz spezifischen Art und Weise: Von ‚unten‘ nach ‚oben‘. Ausgehend von den eigenen Interessen hilft mir Social Software mit Personen, die gleichartige Vorlieben zu einem Thema haben, in Kontakt zu kommen.“

Ich teile Jochens Auffassung, dass dies eine kurze, prägnante und auch stimmige Zusammenfassung des Kerngeschehens von Social Software ist. Einen Fokus möchte ich jedoch darauf legen, dass in dieser Definition der Moment „in Kontakt zu kommen“ durchaus umfassend verstanden werden kann und nach meiner Analyse auch sehr different gehandhabt werden muss.
Das schließt also mit ein: Über eine personalisierte Kontaktseite mit der Person meines Interesses in einen Dialog zu treten – ihm eine eMail an eine angegebene Adresse zu senden, kontextbezogen eine Dialogbox zu bedienen (ähnlich einen Dialogthreat im Kommentar etc. ) Es heisst nicht, dass man innerhalb der gleichen Anwendung diese Funktionen ausüben muß, um in einen Kommunikationsprozess einzusteigen. Dies wird in der täglichen Anwendung durchaus different gehandhabt. Man muss, wenn man auf einen Inhalt reagiert, nicht alle Rückmeldung öffentlich gestalten, sie kann auch als PM, als eMail, als Anruf, IRL etc. geschehen. Und trotzdem war der kommunikative Anlass (didaktisch gesprochen der Gesprächsanlass) auslöser innerhalb einer Social Software. Man kann jedoch auch noch weiter gehen. Auch in Trackbacks und Links von einem eigenen Beitrag auf einen anderen setzt kann dies kommunikative Gestalt haben. Demnach käme der Blick in die Trackbacks des eigenen Blogs eine kommunikative Komponente hinzu. Hierzu später mehr.

3. Das Baumgartnersche Ausgangsbeispiel FURL veranschaulicht deutlich mögliche Prinzipien, wie sie durch social software geschehen. Es eignet sich hervorragend, um gerade das interessensgeleitete Moment des Bildens einer thematisch orientierten Interessensgemeinschaft hervorzustellen.

4. Für mich eine große Überraschung: WIKIS, Blogs und Podcasts sind keine Social Software nach der oben genannten Definition.

„Die wenigen Veranschaulichungen, die ich gefunden habe (z.B. Weblogs als Lerntagebücher oder Podcasts in das Curriculum einem E-Learning Kurses zu integrieren) stellen nach meiner Meinung keine Lösungsbeispiele dar. So würde ich Podcasts keinesfalls als Social software klassifizieren. Aber auch ein Weblog ist ähnlich wie das bereits erwähnte WIKI keine Basis für soziale Kontakte – und schon gar nicht, wenn es als geschlossenes Lerntagebuch geführt wird.“

Vielleicht bekommt das von mir einführend erwähnte inhaltliche „an dem Text reiben“ eine deutlichere Dimension. :-) Lieber Herr Baumgartner, mich würde genauer interessieren, welche Beispiele sie meinen, und weshalb Sie zu diesem deutlichen Schluss kommen. Aber ich habe einige Ideen, wie man sich hiermit dialektisch auseinandersetzen kann.

In der Erläuterung wird zu WIKIS – genauer WIKIPEDIA in einem gemeinschaftlichen Szenario als „wie Social Software wirkend“ beschrieben. Im Wortlaut, damit ich es nicht verfremde:

„Wird jedoch das Wiki in einem offenen gemeinschaftlichen Szenario verwendet – wie es z.B. bei der Wikipedia der Fall ist – dann scheint es so, als ob das Wiki auch als Social Software wirkt. Alle Personen, die gemeinsam einen bestimmten thematischen Beitrag bearbeiten, haben offensichtlich dasselbe inhaltliche Interesse. Diese Menschen haben sich – geleitet von deren eigenen inhaltlichen Motiven – auf einer Webseite zum gemeinsamen Bearbeiten desselben Themas ‚gefunden“. Allerdings unterscheidet sich das Wiki als Kontaktvermittler hier nicht grundsätzlich von einem Forum, wo sich Menschen einfinden um ihre Meinungen zu einem bestimmten Thema auszutauschen. Ausgehend von einem bestimmten Interesse suchen Menschen hier zuerst selbständig im Internet nach entsprechenden thematischen Bereichen und treffen dort dann auf Personen mit ähnlichen Interessen. Würde das für die Bestimmung von Social Software ausreichen, dann würde auch Google oder eine Webseite mit Kontaktanzeigen darunter fallen.

Typisch für Social Software ist aber genau der umgekehrte Ablauf: Menschen treffen sich zuerst um etwas zu tun (Internetadressen ablegen, Fotos auf einen Server laden) und lernen erst dann – sozusagen in der Ausübung ihrer Tätigkeit – mit Hilfe der Software, die ihren Arbeitsprozess unterstützt, Personen mit gleich gelagerten Interessen kennen.“

Diese Argumentation, so mangels Klarheit meine eigene Vermutung, soll prototypisch für Blogs und Podcasts ebenso zutreffen. Man widerspreche mir, wenn ich hier etwas missverstanden haben sollte. Ich korrigiere hier nur zu Gerne.

Man ist nun geneigt, die einführende Definition einzureißen, da man offensichtlich noch etwas anderes unter Social Software verstehen könnte. Alternativ läge hier ein Verständnis von Synergic Based Software – also eine software, die sich selbst als großes ganzes Forum für synergisches Arbeiten versteht, oder Community Based Productivity … – doch auch immanent scheint mir folgendes Festzuhalten:
Man muß bei der Implementation und der analytischen Berwertung von WIKI – Geschehen jedoch sehr genau unterscheiden. Bei Baumgartner kann davon ausgegangen werden, dass ich ein passiver Rezipient der wikipedischen Inhalte bin. Gehe ich jedoch davon aus, dass ich ein Erstverfasser eines Artikels bin, dann habe ich das geforderte aktive Moment erst etwas zu erzeugen, um dann von dem späteren Adaptionen überzeugt zu werden. Dies ist aus meiner kleinen Sicht ein vollständig differenter Standpunkt. Jedoch legt er das von mir vermutete pädagogische Potential viel stärker offen. Das hieße aus einer anderen Phase der Rezeption betrachtet, den enzyklopädischen Artikel, der sich aus meinen interessensgeleiteten Recherchen als Fundstück ergibt, nicht als Endprodukt, sondern als Prozessergebnis oder Zwischenergebnis zu verstehen.

Wie verhält sich das mit der antisocial Beurteilung von Blogs und Podcasts? Hierbei scheinen mehrere Schärfefaktoren wichtig, um in der Vielfältigkeit sauber argumentieren zu können:

Baumgartner spricht argumentaiv von „geschlossenen Lerntagebüchern“ als exludierende Faktoren. Das ist verständlich, wenn bedacht wird, dass dort, wo keine Diskussion erwünscht ist sich auch nur erschwert ein Diskurs ereignet.

Blogs eignen sich unter Umständen zu sozialen Kontakten.
Und trotzdem ist – aus meinem Erfahrungsschatz heraus dagegenzuhalten. Viele Personen, die unter Links unter der Blogroll stehen kann man durchaus als Sozialkontakt begreifen, auch, wenn es zugegeben unterschieden werden kann in direkte Kommunikation zwischen Gesprächspartnern und indirekter Kommunikation – zum Beispiel dem gegenseitigen Zitieren und „track-back „setzen – dem Nutzen solcher medieneigenen Technologien, die extra hierfür geschaffen wurde. Wie einführend schon erwähnt, die Kommunikationsstrukturen sind wesentlich diffiziler als auf dem ersten Blick offenbar. Und trotzdem scheint es mir wichtig festzuhalten, dass ich mit lieben Menschen durch Bloggen in Kontakt getreten bin, die ich ohne ihr Blog oder mein Blog NIE kennen gelernt hätte. Ich möchte hier nicht argumentativ Allfaktoren (Blogs = keine Social Software) gegen Existenzfaktoren (es Existieren Blogs, die wirken wie Social Software) ausspielen, doch erscheint mir an dieser Stelle Schärfungsbedarf.

Aber – und da gebe ich Herrn Baumgartner wirklich recht- würde man solches Vorhaben nur kurzfristig und an einer Veranstaltungsform manifestieren (Zum Beispiel ein Seminar …) wäre vieles an Potential vergeben. Der Grund hierzu läge nicht in der Erschöpfung dieses Potentiales, sondern in der noch nicht Ausprägung. Eine Community muss sich wahrscheinlich langsfristig bilden und diese Prinzipien werden erst gerade erforscht. Dass man jedoch auch in kurzer zur Verfügung stehender Zeit eine Gruppe von „Fans“ and „Observers“ also dem Grundstock einer Community gestalten hat zeigen Freunde aus Ilmenau mit http://www.elearning2null.de/. Die hier vollzogene aktive Aqkuise auf ihr Projekt scheint sich diesbezüglich auszuzahlen.

Podcasts eignen sich ebenso als Medium für soziale Kontakte?
Hier könnte man mir nun Spitzfindigkeit unterstellen, doch mag ich verdeutlichen, dass ich hier nicht von der technischen Definition des Podcasten ausgehe. Es ist vielmehr die, die sich in dem Kommunikationsmodell (hier vor längerer Zeit vorgestellt) ableiten lässt.
Stattdessen kann ich folgende Feststellung treffen: aus dem Podcastday 2006 konnte ich eine Beobachtung nach Hause nehmen, die vollkommen unberücksichtigt ist. Es ist nämlich erstaunlich wie viele Podcaster sich gegenseitig kennen und hören, ihre Podcasts teilweise gemeinsam gestalten etc. Dass dies jedoch nicht kurzfristig zum Vorschein kommt ist offenbar. Unter Podcast muß, um seiner Mediengerechtigkeit Willen, also das Ganze Phänomen eines solchen: (XML-Feed, Webbed, Kommentare, Kontakte, Episoden und die Beziehungen zwischen den Episoden und zu den anderen Informationsebenen) und nicht nur die Tondokumente an sich betrachtet werden.
Nur so kommt forschungsanalytisch zu Tage, dass es Podcasts gibt, die ihre Programmgestaltung weitestgehend aus der Community heraus und mit Rückbindung zu der Community gestaltet werden. Und auch nur so kann man feststellen, dass es Hörer gibt, welche auf die Rezeption des angebotenen Informationen mit-Einfluss haben. Man nehme zum beispiel einen Podcast zu einem Thema und betrachte die darauf folgende Rückmeldung. Es kann gezeigt werden, dass Menschen mit einem Informationsvorsprung durchaus inhaltliche Rückmeldung zu dem vorher besprochenen Wort geben (zum Beispiel korrigierend), die von außerhalb – interessensgeleitet diesem Podcast rezipiert haben, und somit wertvoll zum thematischen Annähern beigetragen haben. Insofern ist das Podcasten (aktiv) durchaus etwas, was der Definition des social software nahe kommt. Das Rezipieren und Kommentieren (aktiv) ebenso. Alles andere erschließt sich dem, der Podcastenden sonst immer nur indirekt (Statistiken, Weiterleitungen, etc.)
Recht hat Baumgartner jedoch in der Form als dass das AUFFINDEN des -für den geneigten Lerner- sinnvollen Podcasts zur Zeit noch sehr erschwert ist. Das Tondokument ist Suchmaschinen noch nicht ausreichend zugänglich. Man muß also auf die Metainformationen vertrauen, oder, wenn es konzeptionell verankert ist, eignet sich ja der parallele Einsatz verschiedener Technologien des Zugänglich machens. Ein viel versprechender Ansatz hier und ganz bescheiden unser Ansatz hier und hier.

Wie kommt man zu solch unterschiedlichen Einschätzungen?

Das kann ich auch nicht gänzlich erfassen, aber vielleicht kann man das Dokument kommentativ mit Leben füllen :-) Ich weiss ja nicht, ob jemandem das auch schon einmal so gegangen ist, dass man etwas liest, was irgendwie schon stimmig ist, doch faktisch der eigenen Beobachtung und Erfahrung widerspricht. Von daher bin ich auf der Suche nach dem Knoten. Hat jemand eine Idee?

Update:

Neben Marcel und Thomas auf eLearning 2.0 hat sich auch Joachim Wedekind auf seinem Konzeptblog zu dieser Thematik geäußert und natürlich erneut Jochen Robes :-).
Bei Jochen Robes fand sich die Anregung doch ein inklusiveres Verständnis der beschriebenen Tools in die Betrachtung aufzunehmen, während Joachim Wedekind auf eine eher pragmatische Sichtweise der schlichten „Nützlichkeit“ von Tools hinweise.
Gespannt sein können wir auf einen Vorschlag auf eLearning 2.0, die ein Modell für in Bälde in Aussicht gestellt haben.

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